Wie steht's um den Kromfohrländer?

man staunt doch immer wieder...

 

Im Februar 2021 wird auf der Website des RZV (Rassezuchtverein der Kromfohrländer e.V.) ein PDF veröffentlicht mit dem Titel:
Zuchtgeschehen von 1990 bis 2020.

 

 

Zuchtgeschehen - RZV Dokument
veröffentlicht auf der RZV Website
https://kromfohrlaender.de/wp-content/uploads/2021/02/Zuchtgeschehen-Version-1.1.4-Feb.2021.pdf
Zuchtgeschehen-Version-1.1.4-Feb.2021.pd
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Als Schlussfolgerung des Dokumentes steht:

 

Zitatanfang:

 

Schlussfolgerungen und Gesamtbewertung

 

Der RZV sah und sieht sich immer wieder mit Behauptungen konfrontiert, in der Rasse Kromfohrländer gäbe es „rassespezifische“ Erkrankungen, die man angeblich am gehäuften Auftreten erkenne. Daraus entwickelten sich sogar regelrechte Hysterien in den sozialen Medien, die dann mangels nachweisbarer Fakten in der Regel schnell wieder verschwinden. Geblieben ist leider der Eindruck, Kromfohrländer seien eine „kranke“ Rasse, was bei Betrachtung vergleichbarer Rassen schlicht unwahr ist.

 

Zitatende

 

 

 

Man liest dieses Dokument, schaut sich die Grafiken an und kommt dann  aus dem Staunen nicht wieder heraus...

 

Wie schade, dass soviel Energie darauf verwendet wird, vermeintliche „Angriffe“ auf die Rasse abzuwenden. Einmal mehr soll der Kromfohrländer als Rasse dargestellt werden, die keine grösseren Probleme hat als andere Rassen.

 

Ein Thematisieren der gesundheitlichen Probleme beim Kromfohrländer wird als „Hysterie“ abgetan. So sind sachliche Diskussionen natürlich nicht möglich.

Dabei gilt doch: wem eine Rasse am Herzen liegt, der tut alles, um gesundheitlich eine Verbesserung zu erreichen – dies gelingt aber nur, wenn man hinschaut.

Ein Ignorieren der Probleme hat beim Kromfohrländer nach Jahrzehnten zu der Situation geführt, die man heute hat.

 

 

Nachfolgend meine Gedanken zu diesem Dokument:

 

 

 

Die Grafik mit den Erkrankungen zeigt

 

  • Ballenerkrankungen (Digitale Hyperkeratose)
  • Immunerkrankungen
  • Katarakt
  • Von Willebrand
  • Krampfartige Anfälle (Epilepsie)
  • Patellaluxation
  • Cystinurie

 

Dokument RZV, Zuchtgeschehen, downloadbar auf der RZV Website
Dokument RZV, Zuchtgeschehen, downloadbar auf der RZV Website

 

 

Es fehlen in der dieser Auflistung Arthrose (hier insbesondere die ED), Herzerkrankungen und Krebs.

 

Ob eine Erkrankung als rassespezifisch definiert wird oder nicht, ist für den erkrankten Hund irrelevant. Er ist krank. Punkt.

 

Erkrankungen wie Epilepsie oder Krebs z.B. kommen bei allen Hunderassen vor. Die digitale Hyperkeratose ist selten und u.a. beim Kromfohrländer zu finden und beim Irish Terrier. Cystinurie mit dem mutmasslichen Typ III, wie beim Kromfohrländer angenommen, ist ebenso selten, und darf daher auch als rassespezifisch definiert werden.

 

Schlussendlich – egal ob rassespezifisch oder nicht – eine Erkrankung ist eine Erkrankung. Nicht jede hat denselben Krankheitswert, auch das muss bedacht werden.

 

Bei diesen Grafiken und Statistiken ist anzumerken, dass nicht 100% der Population erfasst sind. Viele Kromfohrländer werden dem RZV nicht gemeldet mit ihren Erkrankungen, der Rücklauf der Bögen beträgt keine 100%. Zudem werden Diagnosen auch nicht immer in der Statistik erfasst. Bei vielen Auto Immun Erkrankungen kommt es nie! zu einer klaren Diagnose, der Hund ist trotzdem krank.

 

 

 

Ein Lesebeispiel für die oben erwähnte Grafik:

 

2014 zeigt die Statistik ca. 11 erkrankte Hunde mit Epilepsie.
2014 wurden 158 Kromfohrländer ins Zuchtbuch eingetragen.
Also haben von diesen 158 Kromfohrländern 6,96% Epilepsie.

 

Das sind die GEMELDETEN Fälle. Wir denken an die Dunkelziffer, die zu diesen knapp 7% dazugerechnet werden muss.

 

Gemäss Grafik sind mit Jahrgang 2014 total ca. 24 erkrankte Kromfohrländer ersichtlich – 2014 wurden 158 Kromfohrländer ins Zuchtbuch eingetragen.

 

Die Krankheitsquote beträgt hier 15%. Das sind die GEMELDETEN Fälle und wir erinnern uns: viele Erkrankungen sind gar nicht aufgeführt.

Es fehlen die Hunde mit Auto-Immunerkrankungen, die nicht diagnostiziert sind, es fehlen die Arthrose- und die Herzerkrankungen – es fehlen die von Willebrand-Fälle, die nicht getestet worden sind und die Augen-erkrankungen, die nicht festgestellt worden sind, weil nicht untersucht worden ist. Auch nicht alle Epilepsiefälle sind hier in der Statistik mit drin. Und diese Hunde sind 2021 erst 7 Jahre alt, abschliessend ist diese Aufzählung nicht.

 

Eine gesundheitliche Bilanz über das Leben eines Hundes lässt sich seriös nur in der Rückschau ziehen. Wenn er verstorben ist, gilt es zu analysieren: wie alt wurde er? Und wurde er gesund alt oder hatte er im Laufe seines Lebens Erkrankungen?

 

Die Grafiken zeigen deutlich, dass Kromfohrländer unter 5 Jahren weniger oft erkranken als ältere. Epilepsie tritt oft erst nach dem 5. Altersjahr auf. Die Vielzahl an Auto-Immunerkrankungen bricht entweder sehr jung aus, oder dann auch erst nach dem 5. oder 6. Altersjahr.

 

Wenn man einen Hund nicht untersucht, kennt man den Gesundheits-status auch nicht. Eine Aussage bezüglich Katarakt ist verfälscht, denn wieviele der lebenden Kromfohrländer wurden von einem Augenfacharzt untersucht? Erst wenn man Reihenuntersuchungen macht, für die ganze Population, kann man sich zur Prozentzahl äussern.

 

Nicht untersuchte Hunde sind nicht automatisch gesunde Hunde.

 

Kromfohrländer FCI, von Willebrand Prozentangabe
Quelle: Genoscoper, Finnland, August 2020 - Foto grossklicken!

 

Dasselbe gilt beim Thema von Willebrand Syndrom.


Aus den Statistiken des Labors Genoscoper/Finnland geht hervor, dass 38,35% der getesteten reinrassigen Kromfohrländer Anlageträger waren für von Willebrand Typ I - 2,43% waren reinerbige Merkmalsträger.

 

In Finnland werden seit Jahren schon alle Kromfohrländer auf von Willebrand untersucht. Die finnische Population fusst auf der deutschen, demzufolge können die Prozentzahlen ungefähr auf die deutsche Population angewandt werden – rund 40% der Kromfohrländer sind vom von Willebrand Syndrom betroffen.

 

Die Grafik des RZV zeigt eine andere Zahl, da der RZV keinen Gentest vorschreibt. Wenn man nicht testet, kann man den Genstatus nicht wissen.

 

 

Cystinurie wird ebenfalls nicht untersucht. Für eine kurze Zeit (Frühjahr 2017 - Frühjahr 2018) wurde der COLA-Test vorgeschrieben. Das klare Signal, dass auch ein massiv erhöhter Cystinwert ein Symptom der Stoffwechselerkrankung ist, wurde und wird ignoriert. Wenn man also keinen COLA-Test durchführt und auch nur Hunde listet, die eine Steinbildung aufweisen, wird auch dieser Wert verfälscht.

 

Ein sehr gutes Beispiel, was für ein Segen ein Gentest sein kann, ist die Digitale Hyperkeratose. Dieser Gentest ist verbindlich beim RZV für alle Zuchthunde, man ersieht aus der Grafik wie gut die Auswirkungen sind, DH ist kein Thema mehr beim Kromfohrländer, es werden keine erkrankten Hunde mehr geboren. Eine vorbildliche Zuchtlenkung!

 

Wie einfach wäre es, auch beim Thema von Willebrand Syndrom den Gentest verpflichtend zu machen. Wissentlich in Kauf zu nehmen, dass hier homozygote Hunde geboren werden, weil die Elterntiere nicht getestet werden, ist ethisch schwierig.

 

Der Grad der Verwandtschaft der verpaarten Kromfohrländer lässt sich seit kurzem auch für den Laien mit einem Internetprogramm testen. Hier können die Stammbäume der Welpen angeschaut werden; man gibt Vater und Mutter ein und sieht dann auf einen Blick, wieviele gemeinsame Ahnen die Stammtafel aufweist. Machen Sie hier diesen Test für die Verpaarungen, die im Internet publiziert werden. Sie sehen daraus, wie eng verwandt die Zuchttiere sind.

 

Genetische Varianz der FCI Kromfohrländer: 26,1%
Quelle: Genoscoper, MyDogDNA, August 2020 - Grafik gross klicken!

 

Die Inzuchtdepression beim Kromfohrländer ist unbestritten.

Ein zweifelsfreier Indikator ist die genetische Varianz.

Der Durchschnitts-Rassehund hatte per Stand Sommer 2020 eine Varianz der Gene von 34,3%, der Kromfohrländer steht mit 26,1% da.
Der Durchschnitts-Mischlingshund weist einen Wert von 43,2% auf.

 

26,1% gegenüber 34,3% - eine klare Aussage.

 

 

Auffallend sind auch viele Kromfohrländer, welche früh vergreisen, auch dies ein Merkmal der Inzuchtdepression.

 

 

 

Jeder Zuchtverein gibt sich die Zuchtordnung, die er als passend erachtet.

 

Ein Verein ist demokratisch organisiert, den Mitglieder steht es frei, sich hier einzubringen und Neuerungen anzustossen. Aber – das können nur die Mitglieder dieses Vereines tun – von Aussen kann solches nicht initiiert werden. Das Bewusstsein muss intern wachsen.

Es kann nicht angehen, dass Aussenstehende einen Verein an den Pranger stellen. Diese Leute dürfen innerhalb ihres eigenen Vereines aktiv werden und da Verbesserungen vorantreiben.

Jeder sucht sich den Verein, der für ihn passt. Und jedes Mitglied darf selber entscheiden, wie lange das jeweilige Zuchtkonzept für ihn selber stimmig ist und was es für richtig erachtet.

 

 

Grundsätzlich könnte man bei den Kromfohrländern bei den Zuchtlenkungsmassnahmen Folgendes tun:

 

 

Hinsichtlich Katarakt:
DOK Augenuntersuchung, aktuell vor jeder Verpaarung

 

Hinsichtlich Cystinurie: COLA-Test aktuell vor jeder Verpaarung (beim Rüden), Zucht nur mit korrektem Cystinwert und ohne Sediment

 

Hinsichtlich von Willebrand: Gentest auf von Willebrand. In die Zucht dürfen nur Anlageträger, die mit freien Partnern verpaart werden und natürlich Hunde, die frei sind für von Willebrand. Merkmalsträger sind von der Zucht ausgeschlossen.

 

Hinsichtlich Auto Immun Erkrankungen: keine Zucht mit Hunden, welche an AI erkrankt sind und keine Zucht mit Nachkommen der
1. Generation von an AI erkrankten Hunden.

 

Hinsichtlich Epilepsie: Genotypverfahren anwenden und zusätzlich keine Hunde in die Zucht nehmen, wo ein Elternteil Epilepsie hat.

 

Ein aktuelles Blutbild mit Schilddrüsenprofil hilft auch.

 

Ein Röntgenbild auf ED – begutachtet von einem Fachmann.

 

Eine Herzuntersuchung im Vorfeld des Zuchteinsatzes.

 

Eine Untersuchung auf Patellaluxation

 

 

 

Dass eine so starke genetische Verarmung, wie sie beim Kromfohrländer vorkommt, einen Geninput von Aussen bedarf, da sind sich viele Fachleute einig.

 

Das Thema Einkreuzen wird immer noch von Vielen sehr dogmatisch behandelt, die Reinrassigkeit steht über allem. Aber - ohne Genvielfalt keine gesünderen Hunde und von alleine kommt die Rasse nicht aus dem Knick. Und der ist da, man muss nur genau hinschauen.

 

Aber, jeder Verein entscheidet selber, wie seine Zuchtpolitik aussieht.

 

Aber - eine Gesamtübersicht in dieser Pauschalität wie in dem PDF - die muss hinterfragt werden und bedarf einer differenzierteren Sichtweise.